Hier findet ihr ein paar Fragen, die ich häufig per Email bekommen habe. Herr Dr. H. Till von der Uniklinik München hat diese Fragen beantwortet. Ich möchte mich hier nochmals im Namen aller Besucher bei ihm für die fachärztlichen Antworten bedanken. Achtung: Die letzten vier Fragen wurden von mir beantwortet.
Kann eine Trichterbrust gefährlich werden?
Grundsätzlich ist die Trichterbrust eine ungefährliche Deformität, welche auch im Alter keine Probleme machen sollte. Rein theoretisch wäre es denkbar, dass bei Patienten mit schwerster Fehlbildung eine Minderbelüftung einzelner Lungenabschnitte auftreten könnte, welche gerade im Alter dann zu Lungenentzündungen prädisponieren könnte (Spekulation).
Lässt sich eine Trichterbrust physiotherapeutisch in den Griff kriegen?
Nein, Sie können jedoch durch gute Physiotherapie die begleitenden Haltungsschäden wie Rundrücken oder Skoliose positiv beeinflussen. Darüber hinaus aber ist die Trichterbrust fixiert durch die Fehlbildung der Rippenknorpel im Bereich des sternalen Ansatzes. Nach einer Korrektur allerdings ist die Physiotherapie sehr wichtig, um die gewohnte Haltung abzutrainieren und eine neue Haltung anzutrainieren.
Bringen bestimmte Sportarten etwas?
Schwimmen, Turnen etc. stärken den Rücken und fördern somit eine aufrechte Haltung (der Rücken ist biomechanisch sozusagen der Gegenspieler zur fehlgebildeten Brust).
Zahlen die Krankenkassen die Operation?
Hier hat sich in der letzten Zeit viel getan: Während die KK bis Anfang 2000 überwiegend unproblematisch waren, scheinen nun intern neue Regeln zu bestehen. Meist lassen die KK die Arztbriefe durch den MD (Medizinischer Dienst) prüfen. Bestätigt nun der Arzt, dass die Trichterbrust im wesentlichen ein psychologisch-ästhetisches Problem für den Patienten darstellt, dann kann die OP abgelehnt werden. Mein Rat: Der Arzt muss körperliche Befunde herausarbeiten. D.h., er braucht sie nicht zu erfinden, denn meist finden sich im EKG, Herzecho, der Lungenfunktion oder dem Röntgen schon pathologische Befunde. Mit diesen ist die Bewilligung dann unproblematisch.
Wann ist man wieder voll einsatzfähig nach einer Korrektur nach Nuss?
Die Rehabilitation ist nach beiden Verfahren etwa gleich, wir empfehlen (in Anlehnung an die Vorgaben von Herrn Nuss): Bis 4 Wochen nach der OP besteht Sportverbot, alltägliche Tätigkeiten sind erlaubt. Dann bis 3 Monate nach der OP leichte körperliche Tätigkeit auch Schwimmen, Radfahren, aber kein Sport der den Oberkörper wesentlich belastet. Nach 3 Monaten sehen wir unsere Patienten wieder und röntgen die Kinder; liegt der Bügel exakt, so können sie alle Tätigkeiten wieder ausführen.
Bis zu welchem Alter kann man die Nuss-Korrektur durchführen lassen?
Nuss selbst empfiehlt 3-6 Jahre (Nuss 1998), Hebra beschreibt 8-12 Jahre (Hebra 2000), wir empfehlen 7-15 Jahre. Der physikalische Grundgedanke ist, dass das Thoraxskelett des Erwachsenen zu kräftig und starr ist, um von dem Bügel (oder zweien) verformt zu werden. Auch wenn natürlich einige Zentren die Indikation zur Nuss-OP ausweiten, kann man an der Physik leider nichts ändern. Literatur:
Nuss D, Kelly RE, Croitoru DP, Katz ME. A 10-year review of a minimal invasive technique for the correction of pectus excavatum. J Ped Surg 1998; 33 (4(: 545-552
Nuss D, Kelly RE, Croitoru DP, Swoveland B. Repair of Pectus excavatum. Ped Endosurg & Inn Tech 1998; 2 (4): 205-221
Hebra A, Swoveland B, Egbert M, Tagge EP, Georgeson K, Othersen HB, Nuss D. Outcome analysis of minimal invasive repair of pectus excavatum: review of 251 cases. J Ped Surg 2000; 25 (2): 252-258
Wann ist das beste Alter für eine Operation von (Klein-) Kindern?
Eine wichtige Voraussetzung für die OP ist unseres Erachtens, dass die Kinder einen Leidensdruck verspüren, weil sie die Deformität ablehnen, geärgert werden oder in ihrem sozialen Umfeld beeinträchtigt sind (z.B. im Sommer ungern schwimmen gehen, sich schämen etc.). Da diese sozialen Probleme oft mit der Schule kommen und die Kinder dann auch alt genug sind, um diese Probleme zum Ausdruck zu bringen, sehen wir das frühe Schulalter als geeignet an. Aber, bitte beachten Sie, dass man beim 7-Jährigen etwa 2 Jahre später den Bügel entfernt. Nun ist dieser 9 Jahre und könnte während der Pubertät nochmals einen Schub der Trichterbrust erleben. Es gibt also gute Gründe, vielleicht erst mit 9-10 Jahren zu operieren: Der Patient ist alt genug, um die OP selbst zu begründen, der Bügel bleibt während des Pubertätswachstums drin und ein Nachsinken ist relativ unwahrscheinlich. Sie sehen, es gibt mehrere Strategien, die man individuell mit der Familie besprechen muss. Kleinkinder (2-4 Jahre) sollte man allerdings nicht korrigieren.
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Was ist ein Periduralkatheter/Rückenmarkskatheter?
Achtung, diese Frage wurde nicht von Herrn Dr. Till beantwortet, sondern vom Autor selbst!
Bei der Nuss-OP wird zur lokalen Schmerzbekämpfung ein sogenannter Periduralkatheter eingesetzt. Dabei wird eine kleine Stelle an der Wirbelsäule (gegenüber dem Brustbein) mit einer Spritze betäubt. Danach wird eine dünne Nadel durch eine Bandscheibe gestochen. Wenn die Spitze der Nadel den Rückenmarkskanal erreicht hat, wird ein hauchdünner Schlauch durch die Nadel eingeführt und ein Stück in den Rückenmarkskanal hoch geschoben. Dann wir der Schlauch an der Haut neben der Eintrittsstelle festgenäht, damit er nicht verrutschen kann. Jetzt wird das Schmerzmittel eingespritzt und der Brustkorb wird taub. Das Faszinierende daran ist, dass je nach eingespritzter Menge wirklich nur der Brustkorb betäubt wird. Danach bekommt der Patient die Narkose und die Operation wird durchgeführt. Das Hauptrisiko beim Periduralkatheter: Das Rückenmark kann verletzt werden. Im schlimmsten Fall kann das eine Querschnittslähmung verursachen. Aber solche Komplikationen treten anscheinend in verschwindend geringer Zahl auf (zum Glück!).
Wird man mit einer Trichterbrust bei der Bundeswehr ausgemustert?
Achtung, diese Frage wurde nicht von Herrn Dr. Till beantwortet, sondern vom Autor selbst!
Nach einer Trichterbrust-OP ist es kein Problem ausgemustert zu werden. Ich selbst habe einen dicken Brief mit Attesten und OP-Berichten ans Kreiswehrersatzamt geschickt und musste dadurch nicht einmal zur Musterung!
Als „Nicht-Operierter“ ist es sicherlich sinnvoll sämtliche Atteste von Orthopäden, Kardiologen und Pneumathologen mitzunehmen, in denen körperliche Schwächen herausgearbeitet werden. Genaueres hierzu kann ich allerdings nicht sagen.
Kann man nach der Nuss-OP wieder jeden Sport machen?
Achtung, diese Frage wurde nicht von Herrn Dr. Till beantwortet, sondern vom Autor selbst!
Man kann nach der Nuss-OP wieder sehr viele Sportarten machen. Besonders Sportarten, bei denen man keinen körperlichen Kontakt zu rabiaten Mitspielern oder Bällen hat, sind möglich. Schwimmen, Windsurfen und Badminton-Spielen sind nach einiger Zeit kein Problem (eigene Erfahrung). Auch Ballspiele sind natürlich möglich, jedoch kann auch schon ein leichter Stoß am Brustkorb (Ball, Gegner, Sturz) sehr weh tun, da das Metallimplantat direkt unter der Haut liegt. Kontaktsportarten wie Kampfsport sind demnach auch nicht zu empfehlen.
Ein Hinweis für Musiker: Selbst das Spielen von Blasinstrumenten ist einige Zeit nach der OP wieder möglich.
Wie kann man die Tiefe einer Trichterbrust messen?
Achtung, diese Frage wurde nicht von Herrn Dr. Till beantwortet, sondern vom Autor selbst!
Es gibt keinen Standard, wie man die Trichtertiefe messen kann. Man kann aber z.B. ein Lineal über den Trichter legen und mit einem anderen dann die Tiefe messen. Allerdings ist das dann eine sehr subjektive Größe, da eigentlich auch die Trichterbreite (Ausdehnung) etc. eine Rolle spielt.
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